Die Definition von conscious beauty – mit Organic Make-Up Artist Lisa Scharff

Beitragsbild, Lisa Scharff
Foto: Elena Zaucke

Das helle Lächeln von Lisa Scharff kann man sogar durch den Telefonhörer wahrnehmen. Es ist ein früher Mittwochnachmittag, Lisa sitzt in Hamburg und ich in Berlin, ich habe zahlreiche Fragen zum Thema Conscious Beauty und Lisa wie erwartet alle Antworten. Die 31-Jährige arbeitet als Organic Make-up-Artist und Mindful Beauty Coach: Bei Fotoshootings für Magazine und Kampagnen schminkt sie Models mit Naturkosmetik, in ihrem Organic Beauty Studio berät sie Frauen zum Thema Conscious Beauty, wählt mit ihnen die richtigen Pflege- und Kosmetikprodukte passend zu ihrem Hauttyp aus und beschäftigt sich außerdem intensiv mit Ernährung. Denn gemäß dem holistischen Ansatz „Beauty Inside Out“, dem sich Lisa verschrieben hat, ist diese mindestens genauso wichtig für das Wohlbefinden und eine strahlende Haut, wie die richtigen Produkte.

Als Lisa zwischen 2014 und 2015 anfing, in ihrem Schminkkoffer Produkt für Produkt gegen die natürliche Variante auszutauschen, gab es in Deutschland noch keinen Make-up-Artist, der ein ähnliches Konzept verfolgte. Bei der Hamburgerin hatte dieser Schritt ausschließlich mit Überzeugung zu tun: Nachdem sie sich 2013 viel mit Ernährung und ihrer Auswirkung auf den Körper auseinandergesetzt hatte, begann sie auch damit, Inhaltsstoffe in Beauty-Produkten zu recherchieren – und war, wie sie im Gespräch erzählte, erst einmal geschockt. Denn wie die wenigsten Verbraucherinnen und Verbraucher wusste auch sie bis dato, was sich eigentlich hinter den klein gedruckten, kryptischen Wörtern auf den Verpackungen unserer Pflege- und Kosmetikprodukte verbirgt.

Für Lisa war jedenfalls klar, dass sie etwas ändern muss – und sie begann ihre Conscious Beauty Reise. Vergangenes Jahr eröffnete sie schließlich ihr Organic Beauty Studio in ihrer Heimatstadt. Im Interview erzählt sie von Schönheitsidealen, auf die sie immer wieder stößt, von ihren liebsten Produkten und gibt auch Tipps zur Pflege von Händen und Nägeln.

Du setzt dich nun seit knapp sieben Jahren mit dem Thema Conscious Beauty auseinander. Was bedeutet dieser Ansatz für dich?

Conscious Beauty ist nicht nur etwas, das ich privat lebe, sondern vor allem ein ganz großer Teil meiner Arbeit. Für mich bedeutet dieser Ansatz, seine eigene natürliche Schönheit ganz bewusst wahrzunehmen. Dazu gehört, darauf aufmerksam zu werden, was man eigentlich alles auf seine Haut aufträgt. Welche Inhaltsstoffe sind in den Produkten, die ich nutze? Tun mir diese Inhaltsstoffe gut oder sind sie vielleicht sogar eher schädlich für meine Haut und Gesundheit?

Auf der anderen Seite spielt für mich auch die innere Schönheit eine große Rolle beim Thema Conscious Beauty. Mindset und Ernährung sind unheimlich wichtig: Welche Nährstoffe nehme ich auf? Achte ich auf eine ausgewogene Vitaminversorgung? Was wir essen, beeinflusst direkt unser Wohlbefinden und das Erscheinungsbild unserer Haut. Die Ernährung ist das wichtigste Werkzeug, über sie können wir jeden Tag steuern, inwieweit wir unsere Haut unterstützen. Nicht umsonst spricht man auch von „Skin Food“! Wie wir mit uns umgehen und was wir über uns und unsere Schönheit denken, das ist ein weiterer Punkt, der das Innen und Außen miteinander verbindet. Diese drei großen Themen – Ernährung, Mindset und bewusste Produktwahl – bilden für mich eine Einheit, um sich „conscious“ schön zu fühlen.

Sicherlich wirst du bei deiner Arbeit oft mit lang etablierten Schönheitsidealen konfrontiert und damit, dass wir im Bereich Beauty auch gern Trends folgen …

Viele Frauen kommen zu mir und haben eine Idealvorstellung von der perfekten Haut. Einige halten daran fest, man müsse besonders lange Wimpern haben und große Augen, wieder andere orientieren sich an speziellen Schminktechniken, und sind überzeugt, sie genau so umsetzen zu müssen. Ein Beispiel ist der Contouring-Trend, der in Sozialen Medien quasi omnipräsent war. Aber nicht jede Technik passt zu jedem Typ. Ich würde gerne weg von all diesen Idealen und Trends. Mir geht es darum, dass Menschen ihre ganz eigene Art von Schönheit kennen- und schätzen lernen. Ich finde es wichtig, das vermeintlich „Unperfekte“ zu zelebrieren, statt die zum Teil von Medien gemachten Schönheitsbilder. Denn die entsprechen so einfach überhaupt nicht der Realität.

Merkst du denn bei deiner Arbeit, dass ein Wandel stattfindet? Innerhalb der Beauty Industrie genau wie bei der Selbstwahrnehmung von Menschen?

Naturkosmetik ist ein stetig wachsender Markt und immer mehr Menschen entwickeln ein Bewusstsein dafür, was sie eigentlich alles auf ihre Haut auftragen. Auf Social Media gibt es mittlerweile auch eine #skinpositivity Bewegung, die sich rein auf das Gesicht bezieht. In den USA ist das Thema „Clean Beauty“ bereits weiter verbreitet, aber ich bin sicher, dass es mit der Zeit auch in Europa noch viel relevanter werden wird.

Bezüglich der Selbstwahrnehmung gibt es immer wieder Momente während Coachings, in denen ich merke, dass sich bei den Leuten etwas verändert. Viele Frauen äußern, dass sich die Haut nach der Anwendung von Naturkosmetik anders anfühlt, als sonst. Gerade im Bereich der dekorativen Kosmetik sind die meisten dann überrascht, dass sich etwa eine Foundation gar nicht anfühlt wie eine Maske, sondern eher wie ein Pflegeprodukt. Ich höre dann immer wieder Sätze wie: „Das verändert gerade total mein Gefühl für ein Produkt“, oder: „Ich fühle mich richtig wohl in meiner Haut“.

Wie sieht das mit der Haut an den Händen und rund um die Nägel aus? Während wir für das Gesicht weit mehr als ein Produkt verwenden, greifen wir bei den Händen mehr oder weniger regelmäßig höchstens auf eine einzige Creme zurück …

Natürlich haben die Hände auch Pflege verdient! Man kann zum Beispiel hin und wieder mit einem Nagelöl arbeiten, denn die Haut wird nicht nur am Handrücken schnell trocken, sondern auch um den Nagel herum. Ich bin allerdings keine dieser Frauen, die immer und überall eine Handcreme dabei haben. Ich creme meine Hände meist morgens und abends ein. Letztendlich kommt es hier aber auch auf die Haut an und darauf, wie sehr sie im Laufe des Tages beansprucht wird.

Hast du konkrete Produkt-Tipps für die Hand- und Nagelpflege?

Um die Nagelhaut zu pflegen benutze ich persönlich gern den Wonderbalm von The Glow. Die Handcreme von Mádara finde ich zudem ganz gut, verwende privat aber auch immer wieder die Skin Food Light Creme von Weleda als Handcreme.

Was rätst du Personen, die auf Naturkosmetik und eine Conscious Beauty Routine umstellen möchten? Wie fängt man an?

Am einfachsten ist es, mit den größten Hautflächen zu beginnen – sprich mit Körperpflegeprodukten. Dann kann man sich Schritt für Schritt zum Gesicht hinarbeiten. Wer aber zum Beispiel täglich Lippenstift verwendet, dem würde ich raten, hierbei ziemlich früh auf Naturkosmetik umzustellen, denn Lippenstift – und somit alle in ihm enthaltenen Stoffe – essen wir ja quasi mit. Bevor man auf Naturkosmetik umstellt, macht es aber schon Sinn, sich auch einmal intensiv mit seiner Haut auseinanderzusetzen und herauszufinden, was sie eigentlich braucht.

Hast du manchmal einen schwachen Moment, in dem du wünschtest, du könntest ein Produkt kaufen oder verwenden, obwohl es keine Naturkosmetik ist?

Diese schwachen Momente kenne ich mittlerweile gar nicht mehr. Nicht nur meine Einstellung zu Kosmetik, sondern auch meine Nase hat sich total verändert. Ich kann viele herkömmliche Produkte wegen der künstlichen Duftstoffe im wahrsten Sinne des Wortes gar nicht mehr riechen. Trotzdem bin ich nicht dogmatisch: Ich finde es schon super, wenn Menschen bei einem oder zwei Produkten auf Naturkosmetik umschwenken. Auch wenn sich jemand nur langsam und Schritt für Schritt mit dem Thema beschäftigt, ist das schon positiv. Und wenn ich zum Beispiel Frauen schminke und weiß, das Make-up muss den ganzen Tag 100 Prozent sitzen, etwa bei einer Braut, dann greife ich auch einmal zu einer wasserfesten Mascara. Die gibt es einfach noch nicht in Form von Naturkosmetik.

Tatsächlich ist es viel wichtiger, dass die Produkte, die man tagtäglich verwendet, achtsam gewählt werden, und nicht die Produkte, die man vielleicht einmal alle paar Monate benutzt.

Zum Abschluss: Verrätst du deine persönlichen Lieblingsprodukte?

Für mich sind natürliche Öle und Feuchtigkeitsseren essentiell. Ich persönlich nutze zum Beispiel auch Öle zur Reinigung der Haut, am liebsten das Light Work Rosehip Cleansing Oil von Pai, abwechselnd mit dem Gesichtsreinigungsöl von Whamisa. Außerdem kann ich nicht auf eine gute Mascara und einen Concealer verzichten: Meine Favoriten sind die Limitless Lash Mascara von Ilia Beauty und der Un Cover-up von RMS.

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