the good good.

Interview mit gitti-Gründerin Jenni Baum-Minkus: Über Spiritualität, große Visionen und neue Produkte

Im April 2018 hat Jenni Baum-Minkus das Start-up gitti gelauncht und mit veganen, wasserbasierten Nagelfarben die Beauty-Industrie revolutioniert. Nun hat sie ein weiteres Herzensprojekt umgesetzt: Das unabhängige Online-Magazin the good good. ist eine Anlaufstelle für alle, die sich mit einem nachhaltigen Lifestyle auseinandersetzen und nach Inspiration und gesünderen Alternativen suchen. Denn Umweltbewusstsein und Spaß an Kosmetik und Lifestyle-Produkten schließen sich keineswegs aus, davon ist die 35-Jährige überzeugt. Wir sprechen mit ihr über ihre Mission, über ein gesundes Mindset, die wichtige Verbindung zu sich selbst und über große Pläne.

Was waren deine Beweggründe, neben gitti nun ein unabhängiges Magazin mit dem Namen the good good. ins Leben zu rufen?

Das Magazin ist ein absolutes Herzensthema. Wir haben mit gitti eine Bewegung angestoßen und wollen nun ein tiefergehendes Angebot für alle schaffen, die sich im Bereich Conscious Living weiterbilden wollen und nach Inspiration suchen. Als ich vor zwei Jahren anfing, mich über Inhaltsstoffe und natürliche, nachhaltige Produkte zu informieren, hätte ich mir genau so eine Plattform gewünscht, wo verschiedene Themen verständlich aufbereitet werden und mir den Zugang erleichtern. Mit the good good. möchte ich das Bewusstsein für gesündere Beauty-Alternativen weiter schärfen und mich dafür mit Menschen und Marken verbünden, die die gleiche Mission verfolgen.

Wieso war es dir wichtig, das Beauty-Angebot dort um den Bereich Wellbeing zu ergänzen?

Ich bin ein sehr spiritueller Mensch. Begriffe wie Beauty und Schönheit rufen bei mir ein Bild von Models, Askese und Verzicht hervor, davon möchte ich weg. Conscious Beauty und Wellbeing beschreiben für mich die Verbindung des Inneren mit dem Äußeren, eine gesunde Balance und ein Gefühl für die eigenen Bedürfnisse. Diesen Ansatz wollen wir mit dem Magazin noch verstärken.

Neben dem Online-Magazin gibt es noch weiteren gitti-Nachwuchs; Nagelfarben auf Pflanzenbasis erweitern ab sofort die Produktrange. Worin unterscheidet sich die neue Formel?

Wir sind gemeinsam mit unseren Kunden auf einer Reise, zu verstehen, was funktioniert und was nicht. Die Nagelfarben auf Wasserbasis sind ideal für alle, die ungeübt in der Routine sind. Die Textur ist leicht und lässt sich super einfach auftragen.

Doch es gibt einige Herausforderungen bei den wasserbasierten Produkten. Sie reagieren empfindlich auf heißes Wasser und sind bei einigen Nageltypen nicht sehr widerstandsfähig, zudem sind wir eingeschränkt bei der Wahl der Farbpigmente. Die neuen Nagelfarben basieren auf einer Mixtur aus Pflanzen, sie halten deutlich länger und ermöglichen eine andere Farbpalette. Wir haben uns entschieden, sie als Summer Edition anzubieten. Wenn unsere Kunden ähnlich begeistert sind wie wir, behalten wir die Plant-Based-Produkte langfristig im Sortiment. Dann kann jeder genau die Basis wählen, die für seine Nägel und die individuelle Beauty-Routine am besten funktioniert. 

Du hast gitti im April 2019 gelaunched und mit den wasserbasierten Nagelfarben die Beauty-Industrie revolutioniert. Hast du erwartet, dass die Nachfrage so groß sein wird?

Überhaupt nicht, das Interesse daran hat alle Erwartungen übertroffen und mich komplett überrollt. Als ich am 29. April letzten Jahres zu Hause in meinem Esszimmer saß und den Shop online stellte, hat mich die Flut der Bestellungen schier überwältigt. In weniger als zwei Stunden war die gesamte Kollektion ausverkauft. Mein Mann und ich haben in den kommenden Tagen bis spät in die Nächte Bestellungen verpackt und verschickt. Mir haben sogar fremde Menschen über Instagram angeboten, uns zu unterstützen. Als ich mich wieder ein wenig gesammelt hatte, habe ich erst realisiert, wie offen Menschen für gesündere Beauty-Alternativen sind, wenn sie wissen, dass es sie gibt.

Wie haben die großen Beauty-Konzerne auf deinen Erfolg reagiert?

Zwei Wochen nach unserem starken Launch rief mich mein Labor an und informierte mich, dass es von dem größten Kosmetikkonzern der Welt ein gitti-Sample zugeschickt bekommen hat, mit der Bitte, es nachzustellen. Die hatten uns also sehr schnell auf dem Radar. Doch ich sehe das überhaupt nicht als Konkurrenz, ich finde es regelrecht grandios, dass wir als kleines, neues Start-up große Unternehmen triggern können, ihre eigenen Produkte zu überdenken. Denn am Ende zahlt das alles auf unsere Mission ein, den Konsum nachhaltiger zu gestalten und die Welt dadurch besser zu machen.

Wenn du auf das vergangene Jahr zurück schaust – worauf bist du besonders stolz?

Mit mir selbst bin ich sehr kritisch, ich sehe eher das, was ich noch optimieren könnte, wo ich in Zukunft hin will. Worauf ich aber sehr stolz bin, sind die tollen Menschen, die ich für mein Team gefunden habe. Es macht mich extrem glücklich, meine Mitarbeiter in ihrer Entwicklung zu beobachten, zu sehen, wie sie wachsen, in ihren Jobs aufblühen, eigenverantwortlich ihre Themen betreuen und dabei eine ganz besondere Energie kreieren.

Wie würdest du beschreiben, was diesen gitti-Spirit auszeichnet?

Ich habe eine Yoga-Ausbildung und glaube stark an Karma: Jede deiner Aktionen ruft eine Reaktion hervor. Wir verbringen alle so viel Zeit bei der Arbeit, ich sehe mich in einer starken Verantwortlichkeit, dort eine Atmosphäre zu schaffen, in der Menschen über sich hinauswachsen und sich ausprobieren können. Sodass jeder Spaß daran hat und abends mit einem guten Gefühl nach Hause geht. Denn diese Energie wird weitergetragen und potenziert sich. Man sagt, wenn man freudvoll und liebevoll mit seinen Mitmenschen umgeht, hat jede einzelne Person in seinem gesamten Leben einen positiven Einfluss auf 750 000 Menschen. Ist es nicht eine unglaublich tolle Vorstellung, dass man einzig durch ein gutes Miteinander und respektvolle Kommunikationen einen so großen Impact auf die Gesellschaft haben kann?

Wie bewahrst du dir auch in Situationen, in denen etwas nicht klappt, diese Positivität?

Klar läuft auch mal was schief, doch ich bin kein „Hätte-Wäre-Könnte-Aber“-Mensch. Statt meine Energie und meine Gedanken darauf zu verwenden, was hätte sein können, schaue ich mir die neue Situation an und überlege konkret, wie ich sie aktuell beeinflussen kann und was wir für die Zukunft daraus lernen. Es ist wie beim Segeln, es hilft niemandem, wenn der Kapitän bei rauer See wild auf dem Deck umherspringt. Man muss ruhig bleiben und seinen Job machen. Genau in diesen Momenten zeigt sich der Spirit einer Crew. Diese Haltung hilft einem in der Start-up Welt natürlich sehr, weil ständig irgendetwas anders läuft, als geplant. 

Inwiefern ist Spiritualität Teil deines privaten Lebens?

Ich praktiziere neben Yoga und Meditation auch Reiki. Reiki ist für mich die intensivste Art, mit mir selbst in Verbindung zu kommen und zu spüren, ob etwas blockiert ist. Ich bin überzeugt, dass alles, was passiert, auf Energie zurück zu führen ist. Durch diese Energie-Arbeit bin ich wieder sehr stark mit mir und meiner Intuition ins Gleichgewicht gekommen, ich spüre besser, was ich brauche, mit welchen Menschen ich mich umgeben möchte, welche Arbeit mich erfüllt. Nach einer Behandlung fühle ich mich komplett verbunden, wie ein Teil des Ganzen.

Die besonderen Kräfte der Spiritualität hat dir deine Mutter vermittelt, stimmt’s?

Absolut. Ich bin sehr spirituell aufgewachsen, doch wir haben es nie so benannt. Es war bei uns zu Hause eher etwas ganz Normales und Selbstverständliches, in den Wald zu gehen und einen Baum zu umarmen, wenn man unruhig war. Meine Mutter hat zudem auch schon immer viel mit Kristallen gearbeitet. Sie ist total im Moment, diese Haltung habe ich mir sicher ebenfalls abgeschaut. Um mich regelmäßig wieder mit dem Realen und mit der Natur zu verbinden, gehe ich in die Natur. Einfach mal die Schuhe ausziehen und barfuß laufen, das allein macht schon einen großen Unterschied.

Wieviel Freizeit gönnst du dir? Klappst du am Wochenende den Laptop zu?

Mein Kopf ist immer bei gitti. Natürlich versuche ich, diese Gedanken vorübergehend loszulassen, wenn ich auf meiner Yoga-Matte sitze, aber grundsätzlich sind Arbeit und Privatleben verschmolzen. Ich sitze etwa sonntagmorgens im Bett, lese die Zeitung und beantworten nebenbei E-Mails. Ich tendiere dazu, mich ganz in Dinge reinzuwerfen und mich darin zu verlieren. Zum Glück bin ich von Menschen umgeben, die mich dann wachrütteln und meine Zeit für sie einfordern.

Wie hast du dich persönlich seit der Gründung von gitti verändert?

Mein ganzes Konsumverhältnis hat sich komplett gewandelt. Ich setze mich jetzt noch stärker mit Produkten und Materialien auseinander. Was brauche ich wirklich? Wo kaufe ich es? Als nächsten Schritt möchte ich bei mir Zero Waste einzuführen. Ich möchte überhaupt keine Verpackungen mehr zu Hause haben.

Du hast große Visionen mit gitti und the good good. Wie sehen diese konkret aus?

Es gibt noch so viele Produktkategorien, die nur darauf warten, auf den Kopf gestellt zu werden. Vielleicht umfasst unser Sortiment eines Tages Creme, Lippenstift, Nagelfarbe und Mascara, es kann aber auch sein, dass wir geniales Packaging für Produkte entwickeln werden. Meine Visionen gehen in viele Richtungen, was sie eint, ist der Innovationscharakter. Was ich dabei sicher weiß: Meine Mission wird niemals beendet sein.

Meine Mission wird niemals beendet sein.

Jenni Baum-Minkus

Du möchtest wissen, wo Jenni ihre Inspiration findet? Das sind ihre Lieblings-Accounts auf Instagram.